Foto: Steffen Giersch © NEUES FORUM Leipzig

Rainer Müller ist Jahrgang 1966. Er lebt mit Partnerin und vier Kindern (geb. 1988, 1992, 1997, 1999) in Leipzig-Lindenau.

Schulzeit:

  • 1983 Polytechnische Oberschule: Abschluss 10. Klasse; kein Zugang zur Erweiterten Oberschule oder Berufsausbildung mit Abitur aufgrund christlichen Bekenntnisses (Konfirmation statt Jugendweihe; Tragen des Aufnähers „Schwerter zu Pflugscharen”)

Berufsausbildung:

  • 1983-1985 Lehre als Maurer im VEB Verkehrs- und Tiefbaukombinat Leipzig: Abschluss als Facharbeiter
  • 1984 Teilnahme an einem fünfwöchigen Streik für bessere Arbeitsbedingungen

„Wehr”dienst:

  • 1984 Antrag auf waffenlosen Bausoldatendienst
  • 1986 Totalverweigerung des NVA-Dienstes
  • seither Beratung von Kriegsdienstverweigerern

Berufstätigkeit:

  • 1985 faktisch Berufsverbot, Arbeitslosigkeit in der DDR, 1994 Rehabilitierung nach 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz
  • 1985-1987 Betriebshandwerker beim Ev. – Luth. Kirchenbezirk Borna: Arbeit als Maurer, Gerüstbauer, Restaurator, Stuckateur
  • ab 1987 offiziell „ohne Arbeitsrechtsverhältnis”; Gelegenheitsarbeiten
  • ab 1988 hauptamtliche Arbeit für die politische Opposition in der DDR: Sprecher des Arbeitskreises Gerechtigkeit (Leipzig), Mitarbeiter der Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte in der DDR;
  • nach Geschichtsstudium: Historiker (freiberuflich)

Hochschulausbildung:

  • 1986 Sonder-Reifeprüfung für Theologiestudium an der Betriebsakademie der Karl-Marx-Universität Leipzig
  • 1987 Entzug der Studienzulassung durch die Karl-Marx-Universität Leipzig wegen Wehrdienstverweigerung
  • 1987 Aufnahmeprüfung am Theologischen Seminar Leipzig (ThSL), einer staatlich nicht anerkannten kirchlichen Hochschule
  • Sept. 1987-1988 zwei Vorausbildungssemester: humanistische Ausbildung für akademisches Studium („Ersatzabitur” für Opfer politischer Repression in der DDR) am ThSL, Abschluss: Hochschulzugangsberechtigung für geisteswissenschaftliche Studienrichtungen
  • 1988 Disziplinierungen wegen öffentlichkeitswirksamer Aktionen zum Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche, zur Exmatrikulation genötigt
  • 1988-1989 Gasthörerstatus am ThSL, danach Fortsetzung des Studiums
  • nach Inkrafttreten des 2. SED-Unrechts-Bereinigungsgesetzes: ab 1997 Studium Mittlere und Neuere Geschichte, Historische Hilfswissenschaften/ Archivwissenschaft, Namenkunde/Onomastik, zwischenzeitlich Gasthörerstatus, Erziehungsjahr, mehrere Urlaubssemester zur Kindererziehung

Ehrenamtliche Tätigkeit:
in der DDR:

  • 1983-1989 kirchliche Jugendarbeit: Junge Gemeinde in Benndorf und in Frohburg, Mitarbeiterkreis der Jungen Gemeinden im Kirchenbezirk Borna
  • 1984-1990 Kirchenvorstand der Kirchgemeinde Benndorf
  • 1983-1989 Aushilfe im Pflegedienst (im Katharinenhof Großhennersdorf) 1990 Aushilfe im Altersheim (Leipzig)
  • 1985 Mitarbeit bei Aktion Sühnezeichen (Pflegearbeiten auf jüdischen Friedhöfen)
  • ab 1986 aktive Mitarbeit in der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung: u.a. Arbeitsgruppe Menschenrechte (Leipzig-Volkmarsdorf), Arbeitskreis Solidarische Kirche (Regionalgruppe Leipzig), Arbeitskreis Gerechtigkeit (Leipzig, Sprecher, AG Bürgerrechtsfragen und Menschenrechte: Organisation des DDR-weiten Sonnabendkreises der organisierten DDR-Opposition; AG Ostmitteleuropa: Kontakte zur Opposition in der ČSSR; AG Öffentlichkeitsarbeit: Technik, Organisation, Transport, Medien, Veranstaltungen, Friedensgebete; AG Anti-Atomkraft), Umweltgruppe Borna (Delegierter beim DDR-weiten Vertretertreffen der Umweltgruppen und bei „Frieden konkret”), Gesprächskreis für Frieden und Gerechtigkeit der Markuskirchgemeinde (Leipzig-Reudnitz) und Trägerkreis der Bibliothek der Markuskirchgemeinde „Frieden-Gerechtigkeit-Umwelt”, Planungs- und Vorbereitungsgruppe zur Errichtung eines Kommunikationszentrums der kirchlichen Basisgruppen in Leipzig, Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte in der DDR, Initiative Frieden und Menschenrechte (1989 zugleich Leipziger Kontaktadresse)

nach 1990:

  • u. a.: Kontaktstelle für Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistende
  • Sozialhilfeinitiative Leipzig: Beratung, Information und Hilfe für Sozialhilfeberechtigte
  • Aktionskreis gegen Kultur- und Sozialabbau
  • Kampagne gegen Zwangsdienste, Wehrpflicht und Militär
  • Mitarbeit in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen
  • 1992 Gründungsmitglied des Bürgervereins Lindenau e.V. (gemeinnützige Stadtteil-Initiative), Vorsitzender bis 1995
  • 1995 Vorstandsmitglied des Archiv Bürgerbewegung e.V. (Leipzig)
  • 1997 Mitarbeit im Fachschaftsrat Geschichte der Universität Leipzig
  • mehrere Semester im Sozialausschuss des StudentInnenrates der Universität Leipzig
  • Gründungsmitglied des Rettung Westbad e. V.
  • 2001 Gründungsmitglied Lindenauer Stadtteilverein e.V., ab 2001 stv. Vorsitzender, 2009 Vorsitzender des Lindenauer Stadtteilvereins
  • 2004 Gründungsmitglied von Haushalten e.V. (Wächterhäuser in Leipzig)
  • ab 2006 Initiative für ein Sozialticket in Leipzig
  • Elternvertreter in der Nachbarschaftsschule Leipzig-Lindenau, Klassenelternsprecher, Mitarbeit im Elternrat, seit 2011 Mitglied der Schulkonferenz

Gewerkschaft:

  • (1983-1985 als Lehrling Mitglied in der IG Bau – Holz des „FDGB”)
  • 1992 Eintritt in die IG Bau – Steine – Erden
  • 1993 Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Ortsvereins Leipzig-Lindenau der IG BSE/Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), 2007 amt. Vorsitzender, seit 2008 Vorsitzender des Ortsvereins Plagwitz/Lindenau der IG BAU
  • Mitglied des Erweiterten Bezirksvorstands Nord-West-Sachsen der IG BAU

Parteien/Bürgerbewegungen:

  • 1989 Gründungsmitglied Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) Leipzig
  • 1990 Sprecherrat der IFM in der DDR
  • September 1991 Gründungsmitglied von Bündnis 90
  • April 1993 Austritt aus Bündnis 90 (Mai 1993 Ende von Bündnis 90)
  • Mai 1993 Beitritt zum NEUEN FORUM, seit 1994 Sprecher des NEUEN FORUM Leipzig und des NEUEN FORUM Sachsen; Delegierter im Länderrat des Bundesverbands NEUES FORUM

Mitgliedschaften

  • NEUES FORUM, Industriegewerkschaft Bauen – Agrar – Umwelt, Initiative Nachbarschaftsschule Leipzig e. V., Buchkinder Leipzig e. V., Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V., Gesellschaft für Namenkunde e.V., Leipziger Geschichtsverein e.V., Leipziger Genealogische Gesellschaft e. V., Lindenauer Stadtteilverein e. V., Haushalten e. V., Bund der Stalinistisch Verfolgten e. V., Förderkreis Nathanaelkirche zu Leipzig-Lindenau e. V.,
  • Ev. – Luth. Nathanaelkirchgemeinde Leipzig-Lindenau;

Veröffentlichungen (DDR) u. a. in:

  • Namenlos, Borna, 1986, 1987; Umweltblätter, Berlin 1987; Grenzfall, Berlin 1987; Streiflichter, Leipzig 1988,1989; Varia, Leipzig 1989; Mitteilungen der Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte in der DDR, Leipzig 1989; Forum für Kirche und Menschenrechte, Leipzig 1989, IFM-Infoblätter Leipzig 1990

Wohn-”Haft” DDR

  • Erfasst in der Operativen Personenkontrolle (OPK) “Aktion”, ab 1987 Bearbeitung als Operativer Vorgang (OV) “Märtyrer” der Bezirksverwaltung Leipzig des Ministeriums für Staatssicherheit.
  • Zahlreiche Repressions- und Zersetzungsmaßnahmen: Erst Verweigerung des Zugangs zur Abiturstufe, später Entzug der Studienzulassung; Festnahmen (“Zuführungen”), Verhaftung und Hausdurchsuchung, Beschlagnahmungen und Verhöre, Innenstadtverbot und Hausarrest, Berlinverbot und Landesarrest, stetige Bespitzelung und wiederholt Geldstrafen.
  • Beteiligt an Flugblattaktionen, Kundgebungen und Demonstrationen für Umweltschutz, Menschenrecht und Demokratie.

Rainer Müller verbringt seine Freizeit am liebsten mit seiner Familie, besonders gern zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs. Besonders interessiert er sich für Bücher, Lindenauer Ortsgeschichte, Briefmarken, Ahnenforschung in Sachsen, Thüringen und Ostpreußen.